Kingdom of Heaven

rafeman
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Master of Advanced Studies in Business Intelligence
Kingdom of HeavenHeaven. I´m in heaven, And my heart beats so that I can hardly speak.

Und ich dachte schon, meine Website hätte internationalen Ruf erreicht: Da kommentiere ich einen Schauspieler mal nicht ganz so nett wie üblich, in diesem Fall Lorenzo Lamas in der ‚The Merchant of Venice’ Kritik, und voilà, schon einige Wochen später reist der Betreffende in die Schweiz. Es hat sich dann herausgestellt, dass er und andere internationale Stars, oder besser gesagt, er und einige internationale Stars in die Schweiz zur Rose d’Or eingeflogen wurden. Dieses Missverständnis würde den Host natürlich niemals von seiner redaktionellen Pflicht abhalten, so gemeine und einseitige Kritiken wie möglich zu verfassen, wenn dies dann nötig ist. (oder auch einfach aus purer Bosheit), doch der aktuelle Film, ‚Kingdom of Heaven’ ist leider etwas allzu durchschnittlich, um mit dem ganz grossen Geschütz aufzufahren. Drum bleib ich mal brav und schreib mal so vor mich hin, was mir so einfällt:

Erstens: Nix neues im Westen, oder in diesem Fall im Nahen Osten: Man hat so ziemlich alles aus ‚Kingdom of Heaven’ schon mal gesehen. Ich weiss, ich weiss, genau diesen Punkt habe ich in der ‚Sky Captain and the World of Tomorrow’ Kritik als positiv bewertet, aber da war’s mehr eine Art Hommage.

Nachdem ‚Gladiator’ die Lanze für Sandalenfilme und ähnliches gebrochen hat, hat man eben nach der x-ten Version das ganze Trara, das als Entschuldigung für epische CGI-Schlachten herhalten muss, mal gesehen. Irgendwie interessiert mich das geschichtliche Gedudel einfach zu wenig, oder dann ist’s einfach die Ausführung. Kann zwar fast nicht sein, denn handwerklich ist ‚Kingdom of Heaven’ grundsolide, ja sogar besser, schliesslich steckt ja Ridley Scott und Branko (Lustig, nicht war?) dahinter. Irgendwas fehlt mir einfach, um mich vom Sockel zu stossen. Ups, freud’scher Versprecher. Ich meinte ‚aus den Socken zu hauen’.

Zweitens: Nix neues im Westen oder in diesem Fall im Nahen Osten (Man sieht: Auch schlechte Wortspiele gewinnen im Wiederholungsfall nicht unbedingt an Qualität.): Liam Neeson (Gesundheit!) als väterlicher oder eben fördernder Vater, David Thewlis in der Rolle der zweiten Garde (zu Unrecht, diese Stimme gehört gefördert), Jeremy Irons als prinzipienstarker Ritter (auch von seiner Stimme kann ich nicht genug hören), Brendan Gleeson als Hitzkopf: Das kommt einem eigentlich auch alles ziemlich bekannt vor. Doch diesen Punkt will ich mal nicht negativ gewichten, schliesslich helfen einem diese Charaktere grösstenteils über einige unübersehbare Längen im Film hinweg. Vielleicht komme ich ja bei der ‚Batman Begins’ Kritik wieder auf Liam Neeson (Warum benennt jemand seinen Sohn nach einem Auto? (Ich entschuldige mich für diesen billigen, aus ‚A Fish called Wanda’ gestohlenen Kalauer. Danke.) zurück.

Drittens: Nix neues im Westen oder in diesem Fall im Nahen Osten (Was hab ich gesagt?) Die Musik ist so was von nicht originell und/oder gestohlen, das gibt’s gar nicht. Es scheint als hätte Ridley Scott den Auftrag gegeben, einen möglichst neutralen Score aus den Soundtracks seiner vergangenen Filmen zu mixen. Nach dem Motto: ‚Hör mal, Harry Gregson-Williams. Komponier mal schnell was ganz neues, das tönt wie Hans Zimmer, aussieht wie Hans Zimmer und schmeckt wie Hans Zimmer und misch etwas Klaus Badelt hinzu.’ Der Rest des Soundtracks ist zusammengestohlen aus ‚Blade II’ ‚The 13th Warrior’, ‚The Crow’, und ‚Hanniball’. Traurig, traurig, ich meine, das sollte doch ein Blockbuster sein, grosses Event-Kino; und dann so was. Wenigstens wurden die Schlachtszenen neu gedreht und nicht aus ‚Troy’ und ‚King Arthur’ zusammengeschnippelt.

Viertens: (Naaaa, reingefallen, all ihr pawlow´schen Hunde da draussen?)
Die fingerspitzengefühlige (kein Quatsch: das vorangegangene Wort wurde von der word’schen Autokorrektur nicht beanstandet) Behandlung des ‚Clash of the Civilization’ –Themas nach Samuel P. Huntington seitens Ridley Scott hat Beachtung verdient: Die Muslime kommen sehr gut weg, die Christen nicht ganz so gut. Und Orlando Bloom ist ein ganz ein Lieber. Fertig. Ist das nun brisant oder wie? Ach, Quatsch, ich werde mich doch (so kurz nach ‚The Merchant of Venice’) nicht schon wieder auf dieses Thema einlassen.

Fünftens: Nun mal eine kurze Pause: Ich fand den Film gar nicht so schlecht, wie es jetzt wahrscheinlich den Anschein macht. Ich könnte ‚Kingdom of Heaven’ den ganzen Tag, ja was schreib ich, das ganze Wochenende durch ein Bahnhofklo hinunterspühlen und der Film würde noch immer nicht so nach Scheisse stinken wie ‚Troy’ und ‚King Arthur’ zusammen. Eigentlich ist ja bei ‚Kingdom of Heaven’ alles vorhanden: Sehr interessante Story, tolle Schauspieler, nette Effekte, solide Montage. Der Film vermochte mich aber trotzdem weder zu fesseln noch zu überzeugen. Aber für den Sonntagnachmittag reicht’s allemal. Zudem kann ich alle, die diese Kritik in diesem Moment im Kino sitzend auf ihrem Laptop zu sich führen, beruhigen: Der Film wird gegen Ende immer besser. Das ganze gewinnt an Dynamik, Action und Drama. Und das ist doch schon mal was Feines.

Sechstens: Nun zur Abteilung: ‚Ach was ist der Host doch für ein cleveres Kerlchen.’ Wir kommen zur cinematografischen Notiz: Ich verrate nicht zuviel, wenn ich hier beschreibe, wie der Protagonist Balian in seiner Schmiede am Anfang der Story sein frisch geschmiedetes Schwert in kühlem Wasser härtet. Der eine oder andere kritische Leser wird sich nun fragen, was denn daran cinematografisch betrachtet sein soll? Lasst mich das ganze interpretatorisch (nein, nicht predatorisch) umformulieren: ‚Balian kühlt zu Beginn des Filmes in einer Art Vorblende das heisse Eisen der religiösen Konflikte im kühlen Nass der Völkerverständigung.’ Gut was? So, jetzt bekomm ich entweder den Marcel Reich-Ranicki Gedenkpreis (Nach meiner ‚The Merchant of Venice’ Kritik eher unwahrscheinlich) oder meine Hybris hat soeben meinen letzten Leser vertrieben. (Und wer nicht weiss, was Hybris ist, soll gefälligst im Lexikon nachschauen oder danach googlen.) Uups, nein; JETZT ist mein letzter Leser abgesprungen.

Und nur so der Vollständigkeit halber schliesse ich mit Punkt Sieben: Edward Norton hat wohl die undankbarste Rolle seiner Karriere. Ich kann mir das Studio oder seinen Manager oder wen auch immer geradezu vorstellen: ‚Doch, doch, Edward, wenn Du die ganze Zeit eine Maske trägst, kannst Du beweisen, was wirklich für ein Schauspieler in dir steckt, wenn Du auf die Mimik verzichten musst!’ Er tut mir fast leid.
Was? Orlando Bloom? Ja, der hat auch mitgespielt, aber das muss ja nicht unbedingt etwas schlechtes sein.